Der Hersteller ist der zentrale Adressat der europäischen Maschinenrichtlinie. Die Pflichten hinsichtlich der Konformität einer Maschine richten sich zunächst in erster Linie an ihn bzw. seinen Bevollmächtigten. Er ist dafür verantwortlich, dass die grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen eingehalten werden. Im Detail wird zwischen Fremdhersteller, Eigenhersteller und Inverkehrbringer unterschieden. Der folgende Beitrag liefert eine Übersicht der wichtigsten rechtlichen Aspekte.
Definition des Herstellerbegriffs
Der Begriff des Herstellers wird in der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG in Artikel 2 Buchstabe i) wie folgt definiert. Der Hersteller
- ist derjenige, der eine in den Geltungsbereich der Maschinenrichtlinie fallende Maschine oder unvollständige Maschine konstruiert und/oder baut.
- kann eine natürliche oder eine juristische Person sein, also eine einzelne Person oder ein Unternehmen bzw. eine Gesellschaft.
- ist derjenige, der eine Maschine zur fremden Verwendung (Fremdhersteller) oder zum eigenen Gebrauch (Eigenhersteller) konstruiert.
- ist für die Übereinstimmung der Maschine oder unvollständigen Maschine mit der Maschinenrichtlinie hinsichtlich ihres Inverkehrbringens unter eigenem Namen oder Warenzeichen oder für den Eigengebrauch verantwortlich.
Im deutschen Recht übernimmt die 9. ProdSV (Maschinenverordnung) in § 2, Nummer 10 die Definition des Herstellers aus der Maschinenrichtlinie.
Achtung
Für die Pflichten des Herstellers ist es nicht relevant ist, ob jemand eine Maschine verkauft oder selbst im eigenen Betrieb verwendet. Es ist ein Trugschluss, zu glauben, man dürfe die Anforderungen an Sicherheits- und Gesundheitsschutz bei einer Maschine Marke Eigenbau weniger sorgsam umsetzen, weil man meint, dann nicht mit Haftungsfragen rechnen zu müssen.
Kann es mehrere Hersteller geben?
Nach herrschender Rechtsauffassung kann niemand seine Herstellerverantwortung auf einen Dritten übertragen oder z.B. durch vertragliche Vereinbarungen Herstellerverantwortung auf mehrere Akteure aufsplitten. Es kann allenfalls eine auf das Innenverhältnis beschränkte Verteilung von Aufgaben vorgenommen werden. Doch davon unabhängig stehen EG-Richtlinien über vertraglichen Vereinbarungen. Die maschinenrechtliche Verantwortung lässt sich daher nicht auf mehrere Personen aufteilen.
Bei der Konstruktion und Herstellung einer Maschine kann es vorkommen, dass bestimmte Baugruppen oder Zubehörteile von unterschiedlichen Unternehmen geplant und konstruiert werden. Doch auch in solchen Fällen, in denen bei der Herstellung einer Maschine mehrere Unternehmen beteiligt sind, gibt es stets einen Letztverantwortlichen, der für die Konformität der Maschine oder unvollständigen Maschine mit den Anforderungen der für sie zutreffenden Richtlinien einstehen muss.
Egal, wie viele Akteure an der Konstruktion beteiligt waren, für jede Maschine gibt es einen letztverantwortlichen Hersteller
Der Fremdhersteller
Der Fremdhersteller, manchmal auch Auftragshersteller genannt, ist der typische und am häufigsten vorkommende Fall. Ein Unternehmen konstruiert und baut Maschinen und verkauft diese anschließend einem anderen Unternehmen zum Einsatz in dessen eigenem Betrieb. Auch der Fremdhersteller kann sowohl eine natürliche als auch eine juristische Person sein. Für die Herstellereigenschaft ist es dabei unerheblich, ob der Maschinenhersteller sämtliche Bauteile der Maschine selbst herstellt oder auch Bauteile von Zulieferern erhält.
Interessant wird der Fall, wenn der Maschinenhersteller seine Maschine nicht unmittelbar selbst fertigt, sondern teilweise oder vollständig von einer anderen Person konstruieren lässt. Bei einer solchen Vergabe von Unteraufträgen bleibt der Auftraggeber der Hersteller i. S. d. Maschinenrichtlinie, da er die technische Oberaufsicht innehat. Der Auftragnehmer, der lediglich auf Weisung und nach Vorgabe des Auftraggebers ohne eigenen Gestaltungsspielraum Zuarbeiten leistet, wird damit maschinenrechtlich noch nicht zum Hersteller.
Der bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) erhältliche Leitfaden zur Anwendung der Maschinenrichtlinie führt dazu aus, dass derjenige, der die rechtliche Verantwortung für die Konformität einer Maschine „im Hinblick auf das Inverkehrbringen unter seinem eigenen Namen oder Warenzeichen“ übernimmt, in der Pflicht steht, für eine ausreichende Kontrolle der Tätigkeit seiner Lieferanten und Unterauftragnehmer zu sorgen.
Achtung
Zum Fremdhersteller kann auch derjenige werden, der eine neue oder gebrauchte Maschine eigenverantwortlich wesentlich verändert oder umbaut, um sie danach in der konstruktiv veränderten Form wieder in den Verkehr zu bringen. Auch das Verwenden im eigenen Unternehmen wird dabei als Inverkehrbringen angesehen. Der „Veränderer“ wird maschinenrechtlich zum neuen Hersteller der umgebauten oder wesentlich veränderten Maschine.
Der Eigenhersteller
Auch eine natürliche oder juristische Person, die Maschinen zum Eigengebrauch herstellt, gilt als Hersteller im Sinne der Maschinenrichtlinie und muss sämtliche sich daraus ergebenden Pflichten erfüllen. Das Inverkehrbringen fällt in diesem Fall weg, aber das ist für die Herstellerpflichten nicht relevant. Eine Inbetriebnahme erfolgt jedoch auch hier. Auch im Fall, dass eine Maschine nur von ihrem Hersteller selbst genutzt wird, muss sie vor ihrer Inbetriebnahme sämtliche Anforderungen an Sicherheit und Gesundheitsschutz erfüllen. Die Maschinenrichtlinie setzt den Eigenhersteller dem Fremdhersteller rechtlich gleich hinsichtlich der durch die Maschinenrichtlinie vermittelten Pflichten.
Dazu kommen dann die Vorgaben aus dem Arbeitsschutzrecht an den Betreiber der Maschine wie etwa, eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen, Prüfintervalle festzulegen, die Maschinenbediener zu unterweisen, Betriebsanweisungen zu erstellen usw.
Nicht zum Eigenhersteller wird jedoch, wer eine Maschine als Bausatz erwirbt und dann – nach den Vorgaben des Herstellers – im eigenen Betrieb zusammenbaut, installiert und aufstellt. In diesem Fall verbleibt die Verantwortung für eine sicherheitsgerechte Konstruktion beim Hersteller des Bausatzes.
Das Erfüllen der maschinenrechtlichen Anforderungen obliegt dem Hersteller einer Maschine. Im juristischen Sinne kann eine natürliche oder eine juristische Person zum Hersteller werden, auch wenn diese die Maschine weder selbst geplant, konstruiert noch gebaut hat.
Im deutschen Recht übernimmt die 9. ProdSV (Maschinenverordnung) in § 2, Nummer 10 die Definition des Herstellers aus der Maschinenrichtlinie.
Was, wenn kein Hersteller existiert?
Für den Fall, dass kein Hersteller im oben genannten Sinne existiert, gibt die Maschinenrichtlinie Artikel 2 vor, dass dann jede natürliche oder juristische Person, die eine Maschine in Verkehr bringt oder in Betrieb nimmt, als Hersteller zu betrachten ist. Damit sind bereits die ebenfalls wichtigen Akteure Inverkehrbringer oder Inbetriebnehmer genannt.
Inverkehrbringer und Inbetriebnehmer
Dem Inverkehrbringer und Inbetriebnehmer sind im Maschinen- bzw. Produktsicherheitsrecht wie im Arbeitsschutzrecht zentrale Pflichten und Verantwortlichkeiten zugeordnet. Im Lebenszyklus einer Maschine oder Anlage gehören das Inverkehrbringen und das Inbetriebnehmen zu den wichtigsten Stationen.
Der Inverkehrbringer
Wenn für eine Maschine kein Eigen- oder Fremdhersteller existiert, leitet die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG dessen Verantwortung weiter an denjenigen, der eine Maschine in Verkehr bringt oder in Betrieb nimmt. In folgenden Fällen kann ein Inverkehrbringer rechtlich in den Rang des Herstellers aufrücken:
- Maschinen, bei denen sich nicht ermitteln lässt, wer ursprünglich für die Konstruktion und den Bau verantwortlich war
- Maschinen, die bewusst nicht unter dem Namen und in der Verantwortung des eigentlichen Herstellers in Verkehr gebracht wurden, sondern unter einer Eigenmarke oder Handelsmarke eines Händlers, der dann nach außen als „scheinbarer“ Hersteller auftritt
- Maschinen, die von einem Händler in einem Drittland erworben wurden, um sie in Eigenregie in der Europäischen Gemeinschaft zu vertreiben, ohne dass diese Absicht dem Hersteller der Maschine bekannt ist
- Maschinen, die auf internationalen Auktionen gehandelt werden
Würde das europäische Maschinenrecht allein auf die Pflichten des originären Herstellers abzielen, entstünde in solchen Fällen eine Regelungslücke. Denn ein Hersteller, der nicht erkennbar in Erscheinung tritt, kann nicht zur Verantwortung gezogen werden. Die Maschinenrichtlinie löst dieses Dilemma, indem sie die rechtliche Verantwortung ersatzweise auf den Inverkehrbringer (oder Inbetriebnehmer, s.u.) verschiebt. Damit soll sichergestellt werden, dass für jede Maschine, die in der Europäischen Gemeinschaft in Betrieb genommen wird, ein Akteur greifbar bleibt, der für die zentralen Pflichten verantwortlich ist wie
- das Einhalten der grundlegenden Anforderungen an Sicherheits- und Gesundheitsschutz
- die Verfügbarkeit der technischen Dokumentation inkl. Betriebsanleitung
- die Abgabe einer EG-Konformitätserklärung
- die ordnungsgemäße CE-Kennzeichnung
Diese Verantwortungsverschiebung ergibt sich jedoch erst, wenn kein Hersteller ersichtlich oder greifbar ist. Ein Hersteller kann seine Verantwortung nicht von sich aus vertraglich auf einen Händler, etwa eine Import- bzw. Exportgesellschaft übertragen und sich damit der eigenen Verantwortung entziehen.
Unabhängig davon kann sich auch bei einem existierenden Hersteller der Händler nicht „dumm stellen“ und einfach für „nicht zuständig“ erklären, wenn er Kenntnis von offensichtlichen Sicherheitsmängeln hat. Auch der Händler ist angehalten, darauf hinzuwirken, dass nur richtlinienkonforme Maschinen in Verkehr gebracht werden. Es wird von ihm nicht erwartet, eine volle Richtlinienkonformitätsbewertung der Maschine durchzuführen. Bei sicherheitsrelevanten Bedenken sollte der Händler jedoch im Zweifelsfall den Weitervertrieb der Maschine unterlassen, bis deren Konformität hergestellt bzw. gesichert ist.
Der Inbetriebnehmer
Die Maschinenrichtlinie definiert Inbetriebnahme als „die erstmalige bestimmungsgemäße Verwendung“ einer in den Geltungsbereich der Richtlinie fallenden Maschine in der Europäischen Gemeinschaft. Auch der Inbetriebnehmer kann wie der Inverkehrbringer im juristischen Sinne zum Hersteller werden. Dies ist etwa der Fall, wenn er eine Maschine für den Eigengebrauch erwirbt, ohne dass ein Hersteller greifbar wäre. Er ist dann für die Einhaltung der oben aufgelisteten Pflichten verantwortlich.
Maschinen dürfen nur so betrieben werden wie vom Hersteller vorgesehen
Derjenige, der eine Maschine in Betrieb nimmt, indem er diese z.B. in seinem Unternehmen aufstellen lässt und seinen Mitarbeitern zur Verfügung stellt, wird zum Betreiber der Maschine. Damit greifen sämtliche arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben, z.B. nach der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) sowie dem technischen und dem berufsgenossenschaftlichen Regelwerk. Ein Arbeitgeber ist für den sicheren Zustand seiner Arbeitsmittel verantwortlich und dazu gehört auch der von seinem Unternehmen betriebene Maschinenpark. Er ist u.a. dazu verpflichtet:
- die Maschine nur so zu betreiben, wie es vom Hersteller laut Betriebsanleitung vorgesehen wurde.
- die Hinweise in der Betriebsanleitung zu Restrisiken, Sicherheitsvorkehrungen und zum Benutzen persönlicher Schutzausrüstungen zu beachten und im Betrieb umzusetzen.
- vor Inbetriebnahme einer Maschine, d.h. vor der ersten Benutzung, in einer Gefährdungsbeurteilung alle Risiken zu ermitteln, zu bewerten und Schutzmaßnahmen abzuleiten.
- diese Gefährdungsbeurteilung zu dokumentieren.
- die Gefährdungsbeurteilung fortzuschreiben, d.h., in bestimmten Zeitabständen zu wiederholen.
- die Wirksamkeit der von ihm erlassenen Schutzmaßnahmen zu überprüfen.
- die Gefährdungsbeurteilung nach wesentlichen Veränderungen wie De-Montage und neuer Montage an einem anderen Standort oder Wiederinbetriebnahme nach Instandsetzung zu überprüfen und zu aktualisieren.
- für gefährliche Tätigkeiten an der Maschine Betriebsanweisungen zu erstellen.
- die Maschinenbediener zu den Gefährdungen und Schutzmaßnahmen zu unterweisen.
- die Angaben des Herstellers zur Instandhaltung (Pflege, Reinigung, Wartung, Reparaturen usw.) zu beachten.
- die Benutzung der Maschine zu untersagen, wen Mängel festgestellt werden, die Auswirkungen auf die Sicherheit der Beschäftigten haben.
Die Inhalte dieses Textes sind in Teilen dem neuen Fachbuch „Europäisches Maschinenrecht“ des Rechtsanwalts und Fachautors Marcel Schator entnommen.
2 Antworten auf „Der Herstellerbegriff im europäischen Maschinenrecht“
Aus dem Text (oder aus den rechtlichen Vorgaben selbst) geht leider nicht klar hervor, wer dann als Hersteller im Rechtssinne gilt, wenn die Partei A die Maschine konstruiert, dann aber die Partei B die Maschine zwar anhand der Konstruktionspläne der Partei A, im Übrigen jedoch völlig unabhängig von der Aufsicht und jeglicher Einflussnahme der Partei A die Maschine baut und dann an ihre eigenen Kunden (an die Kunden der Partei B) verkauft. Wer ist dann Hersteller im Sinn des Gesetzes? Die Worte: „Hersteller ist, wer ….. konstruiert oder baut“ … und die Worte: „Die Herstellereigenschaft kann nicht geteilt werden…“ führen hier zu keinem Ergebnis beim Suchen nach der Antwort auf die Frage, wer hier als Hersteller im Rechtssinne gilt. Auch auf den Inverkehrbringer als scheinbaren Hersteller kann man in diesem Fall nicht ausweichen, weil ja sowohl der Konstrukteur als auch der Erbauer bekannt sind.
Sehr geehrter Herr Wendel,
vielen Dank für Ihren Kommentar. Das Thema „Wer ist Hersteller im Sinne der CE-Vorschriften“ ist in der Tat komplex und nicht ganz einfach zu durchdringen.
Im Blue Guide 2022 geht das Kapitel zum Hersteller über 4 Seiten (3.1. Hersteller) und auch der EuGH hat sich erst kürzlich wieder intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt.
(EuGH, Urteil C-264/21 vom 07.07.2022, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:62021CA0264)
Insofern sollte man sich immer die konkrete Situation des Einzelfalls genau anschauen und diese dann anhand der Kriterien z.B. des Blue Guides bewerten.
Beste Grüße
Stephan Grauer