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CE-Kennzeichnung

UKCA statt CE – Wo steht der deutsche Maschinenbau beim Brexit?

Als eine Folge des Brexits gibt es seit Anfang 2021 neue Vorgaben für die Produktkennzeichnung von Waren, die in Großbritannien in Verkehr gebracht werden. Die neue UKCA-Kennzeichnung (UK Conformity Assessed) soll im Vereinigten Königreich (UK) die für die EU relevante CE-Kennzeichnung ablösen. Als Stichtag für das Umstellen der CE- auf die neue UKCA-Kennzeichnung war zunächst der 01.01.2022 vorgesehen. Diese Frist wurde inzwischen von britischer Seite um ein Jahr verlängert. Ab dem 01.01.2023 soll dann nur noch das neue UKCA-Zeichen anerkannt werden. Die verlängerte Gnadenfrist für das CE-Kennzeichen für nach Großbritannien exportierte Waren soll Unternehmen die Umstellung leichter machen, auch vor dem Hintergrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie.

Update November 2022:
Am 14.11.2022 hat die britische Regierung die Übergangsfrist für die Umstellung von CE- auf die UKCA-Kennzeichnung noch einmal um zwei Jahre bis zum 31.12.2024 verlängert.
Diese Verlängerung soll den Unternehmen Zeit zur Anpassung geben, wie es auf der Webseite der britischen Regierung heißt.
Placing manufactured products on the market in Great Britain – GOV.UK (www.gov.uk)

Das jüngste Hin und Her bei den Kennzeichnungspflichten und die Debatten um gesonderte Regelungen für Nordirland sind der augenfälligste Aspekt der Brexitfolgen für deutsche Unternehmen. Doch die durch den Brexit erzwungenen Umstellungen sind vielschichtiger. Wie stellt sich vor diesem Hintergrund die aktuelle Lage für den Maschinenbau dar? Zu dieser Frage hat sich die Redaktion an einen Experten gewandt und mit Thomas Kraus vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V. (VDMA) gesprochen.

Thomas Kraus, unser Interviewpartner

Herr Kraus, als Referent für Technik, EU-Vorschriften für Produkt- und Arbeitssicherheit, Marktüberwachung und CE-Kennzeichnung bei Europas größtem Industrieverband sind Sie Ansprechpartner für viele Maschinenbauunternehmen. Was sind aktuell die häufigsten Fragen, die Ihnen gestellt werden?

Die Fragen sind sehr vielschichtig. Oft geht es um die Benennung des erforderlichen Einführers oder die Person, die bei Maschinen die Konformitätsunterlagen zusammenstellen kann. Einige Hersteller möchten eine Doppelkennzeichnung – also CE- und UKCA-Kennzeichnung – aufbringen. Dazu müssen die gesetzlichen Bestimmungen beider Kennzeichnungsregime beachtet werden. Auf den ersten Blick klingt das einfach, bei näherer Betrachtung wird deutlich, dass der Teufel im Detail steckt und in nicht wenigen Fällen bereits getroffene Entscheidungen überdacht werden müssen. Oft sind Hersteller unsicher, ob es Änderungen der technischen Anforderungen gegeben hat. Auch diese Frage kann sehr schnell anhand der Vorschrift zur Einführung der UKCA-Kennzeichnung beantwortet werden. Ob es künftig Änderungen geben wird, gleicht jedoch einem Blick in die Glaskugel.

Gültigkeit der CE-Kennzeichnung in UK verlängert

Die Gültigkeit der CE-Kennzeichnung für nach Großbritannien importierte Waren wurde kürzlich um ein Jahr bis Anfang 2023 verlängert. Gibt es weitere aktuelle Entwicklungen, von denen Maschinenbauunternehmen wissen sollten?

Im Bereich der Prüfstellen sind noch einige Fragen offen. Derzeit müssen Hersteller zwei Prüfberichte in Auftrag geben, sofern die gesetzliche Vorschrift die Beteiligung einer Prüfstelle vorsieht. Der Prüfbericht einer EU-Stelle ist für die UKCA-Kennzeichnung nicht ausreichend.

Unterschiede zwischen UKCA und CE

Was unterscheidet UKCA von CE, was sind die konkreten Folgen für Maschinenhersteller?

Bis jetzt sind die technischen Anforderungen für die meisten Produkte identisch. Außer der neuen Konformitätskennzeichnung ist die Konformitätserklärung neu zu erstellen. Fordern die gesetzlichen Bestimmungen die Beteiligung einer externen Prüfstelle, muss ein solcher Prüfbericht bei der Stelle der Vereinigten Königreiches beantragt werden.

Was raten Sie betroffenen Unternehmen, insbesondere solchen ohne Erfahrung mit Drittländern? Müssen diese sich nach einem lokal ansässigen Dienstleister umsehen, der dann vor Ort als autorisierter Bevollmächtigter für das Vereinigte Königreich fungiert?

Eine Pflicht zur Benennung eines Bevollmächtigten gibt es nicht. Gleichwohl muss der Hersteller einen Einführer benennen. Die Pflichten des Einführers sind Gegenstand der Vorschriften zur UKCA-Kennzeichnung, z.B. der zur elektromagnetischen Verträglichkeit. Für privatvertragliche Regelungen können diese Bestimmungen als Grundlage genutzt werden. Benennt der Hersteller keinen Einführer, wird der Wirtschaftsakteur zum Einführer, der das Produkt ins VK einführt. Im Regelfall dürfte sich dieser Wirtschaftsakteur jedoch nicht dieser Pflichten bewusst sein. Deshalb wird die Zusammenarbeit zwischen Behörde und Hersteller erheblichen Einschränkungen unter diesen Bedingungen unterworfen sein. Bei Maschinen muss eine Person benannt werden, die die technischen Unterlagen zusammenstellen kann. Diese Person ist hinsichtlich ihrer Aufgaben weitestgehend identisch mit dem Einführer.

Was müssen Unternehmen beachten, die eigene Mitarbeiter, z. B. Monteure oder Wartungsteams, für einige Tage nach Großbritannien schicken?

Kann ich nicht beantworten.

Auswirkungen des „EU-UK Trade and Cooperation Agreement“

Welche Rolle spielt das im Mai in Kraft getretene „EU-UK Trade and Cooperation Agreement“ für den Maschinenbau?

Noch keine Auswirkung.

Deutschland war aus britischer Sicht bislang der mit Abstand größte Maschinenimporteur. Maschinen im Wert von mehreren Milliarden Euro wurden jedes Jahr über den Ärmelkanal geliefert. Ist diese Position bedroht?

Nein, eher nicht. Das Vereinigte Königreich muss mit Waren versorgt werden. Das haben die Briten bei Kraftstoffen schmerzlich erfahren. Kontrollen an den Grenzen werden durchgeführt. Die Zahl der Beanstandungen hält sich jedoch in Grenzen.

Eine Umfrage der Deutsch-Britischen Industrie- und Handelskammer ergab kürzlich, dass die deutsch-britische Wirtschaft ihre Zukunft eher optimistisch sieht und positiver als die ökonomische Entwicklung Großbritanniens insgesamt. Waren die Warnungen und Ängste vor den wirtschaftlichen Folgen des Brexits im Nachhinein unbegründet?

Warnungen sind nicht unberechtigt. Es muss auch im Auge behalten werden, wie sich die Lagen in Zukunft entwickelt, insbesondere vor dem Hintergrund politisch motivierter Entscheidungen. Zu beobachten ist, dass sachliche Erfordernisse regelmäßig nicht oder nur in begrenztem Maß berücksichtigt werden.

Geplante EU-Maschinenprodukteverordnung, auch für UK?

Zum Abschluss noch eine Frage nach der geplanten EU-Maschinenverordnung, die in einigen Jahren die aktuelle Maschinenrichtlinie ablösen soll. Glauben Sie, dass Großbritannien seine Vorschriften für Maschinen dann ebenfalls an diese neuen Regelungen anpasst? Oder ist das u.U. eine Weiche, bei der die beiden Regelungsregime endgültig auseinander laufen werden? Sind dann MRA-Lösungen (Mutual Recognition Agreements) vielleicht das Mittel der Wahl?

Ich gehe davon aus, dass die Briten ihre Vorschrift zu Maschinen anpassen dürften. Wie das konkret erfolgen kann, ist noch nicht ganz klar. Den Briten steht es jedoch frei, eine nationale Vorschrift zu erlassen, in die die Inhalte der EU-Verordnung Maschinenprodukte mehr oder weniger 1:1 übertragen werden. Zu einigen Elementen der Verordnung besteht für das Vereinigte Königreich ohnehin kein Bedarf zur Umsetzung.

Und wie ist es aktuell bei den Normen zur Maschinenrichtlinie? Kann man sich bei EN-Normen noch darauf verlassen, dass diese auch in Großbritannien an den aktuellen Stand angepasst werden? Oder ist hier eine eigenständige britische Normung zu erwarten?

Da das BSI Mitglied bei CEN und Cenelec ist, kann von einem hohen Interesse an der Umsetzung von technischen EU-Normen im Vereinigte Königreich ausgegangen werden. Daher können EN-Normen auch in der Konformitätserklärung zur UCKA-Kennzeichnung nach wie vor zitiert werden. Das Zitat der BS-Normen ist derzeit nicht erforderlich.

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