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Konformitätserklärung

Konformitätsbewertung: Was tun bei Überschneidung von CE-Richtlinien?

Bei vielen Produkten setzt das EU-Recht eine CE-Kennzeichnung voraus. Ohne ein erfolgreich abgeschlossenes Verfahren zur Konformitätsbewertung und CE-Kennzeichnung dürfen bestimmte Produkte in der EU nicht in Verkehr gebracht werden. Dieser Prozess kann mehr oder weniger aufwändig sein. Er beginnt mit der Klärung, welche CE-Richtlinien für das betreffende Produkt anwendbar sind. Lesen Sie hier, wie Sie vorgehen, wenn die Beantwortung dieser Frage sich als schwieriger herausstellt als gedacht, z.B. wenn es eine Überschneidung mehrerer relevanter CE-Richtlinien gibt.
Bei der Planung des Vorgehens zur Konformitätsbewertung tauchen oft Fragen auf wie: Bedarf das Produkt überhaupt einer CE-Kennzeichnung? Unter welche europäische CE-Richtlinie fällt es? Was ist, wenn ein Produkt nicht eindeutig zuzuordnen ist und unter mehrere Richtlinien zu fallen scheint?
Insgesamt sind es mehr als 20 Richtlinien, die festlegen, für welche Produktkategorien eine CE-Kennzeichnung unverzichtbar ist. Die Richtlinien beschreiben die grundlegenden Anforderungen an Sicherheit und Gesundheitsschutz in mehr oder weniger allgemeiner Form. Konkretisiert werden die Anforderungen in Bezug auf die entsprechende Richtlinie durch harmonisierte europäische Normen.
In der Praxis ist die Abgrenzung zwischen den einzelnen Richtlinien manchmal weniger einfach, als es auf den ersten Blick scheint. In einem neuen Kapitel des WEKA-Business-Portals zur Maschinenrichtlinie geht Autorin Elisabeth Wirthmüller auf diese Fragen ein.

Was ist, wenn ein Produkt unter mehrere CE-Richtlinien fällt?

Unterstützung bei der rechtssicheren Umsetzung der Anforderungen des europäischen Produktsicherheitsrechts finden Konstrukteure und CE-Verantwortliche im von der EU-Kommission herausgegebenen „Leitfaden für die Umsetzung der Produktvorschriften der EU 2016“. Dieses Dokument ist in Fachkreisen als sogenannter „Blue Guide“ bekannt. Im Kapitel „2.6. Gleichzeitige Anwendung von Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union“ wird zunächst klargestellt, dass sich die Anforderungen an ein Produkt zum Abdecken von Gefahren „überschneiden oder einander ergänzen“ können. Es ist also völlig normal, wenn bei der Zuordnung zu einer CE-Richtlinie Unsicherheiten auftauchen. Für eine stets augenscheinlich eindeutige Zuordnung ist das Spektrum von Produkten, Anwendungen, Gefahren und Auswirkungen einfach zu breit.

Grafik: Überschneidungen von CE-Richtlinien

Viele technische Produkte und auch Maschinen werden von mehreren CE-Richtlinien erfasst. Die Anhänge der Richtlinien definieren, welche Inhalte die jeweilige Konformitätserklärung enthalten muss.
Eine Maschine kann von mehreren CE-Richtlinien erfasst werden.

Weiter heißt es im Blue Guide, dass ein Produkt nur dann bereitgestellt und in Betrieb genommen werden darf, wenn es „zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens den Bestimmungen sämtlicher anzuwendenden Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union entspricht.“ Diese Forderung ist nachvollziehbar, denn die mit einem Produkt verbundenen Gefahren können ganz unterschiedliche Aspekte umfassen. Rotierende Messer, heiße Oberflächen, starke Vibrationen oder elektromagnetische Auswirkungen und die diversen anderen Gefährdungen werden jedoch nicht durch eine einzelne Richtlinie abgedeckt. Im Rahmen des Verfahrens zur Konformitätsbewertung sind jedoch stets sämtliche Gefährdungen und Risiken zu ermitteln, zu begrenzen bzw. zu dokumentieren. Dies sagt der Blue Guide eindeutig.

Blue Guide: Der Leitfaden zur Umsetzung der europäischen CE-Richtlinien

Blue Guide
Bildquelle: DGUV

Zu den Fällen sich überschneidender Richtlinien bzw. Vorschriften schlägt der Blue Guide vor, das Problem so zu lösen, dass „der stärker auf das Produkt ausgerichteten Harmonisierungsrechtsvorschrift der Union Vorrang eingeräumt wird“. So deckt z.B. die Maschinenrichtlinie alle von Maschinen ausgehenden Gefahren ab, darunter auch elektrische Gefahren. Sie bezieht sich jedoch im Hinblick auf die elektrischen Gefahren auf die Sicherheitsziele der Niederspannungsrichtlinie, die allein anwendbar sind.
Um zu entscheiden, welche Richtlinie stärker auf Ihr Produkt ausgerichtet ist, werden Sie in vielen Fällen um eine Risikoanalyse und eine Beurteilung des Verwendungszwecks des Produkts nicht herumkommen. Als Hersteller müssen Sie in jedem Fall nicht nur sorgfältig prüfen, inwiefern ihr Produkt in den Anwendungsbereich der infrage kommenden CE-Richtlinien fällt, sondern auch, ob es Ausschlüsse von den Anwendungsbereichen gibt.

Welche Richtlinien und Normen gehören in die Konformitätserklärung?

Im Anschluss an ein solches komplexes Konformitätsbewertungsverfahren stellt sich oft die Frage, welche Richtlinien und welche Normen nun schlussendlich in der Konformitätserklärung genannt werden müssen. Erster Ansatzpunkt zur Klärung dieser Frage ist ein Blick in den Anhang der in Frage kommenden CE-Richtlinien. Hier wird jeweils genau definiert, welchen Inhalt eine auf Basis dieser Richtlinie erarbeitete Konformitätserklärung enthalten muss. Dabei kann es Fälle geben, in denen es nicht nur auf das Produkt ankommt, sondern auch darauf, welche Bauteile und Komponenten es enthält.

Hinweis: Mit der für Ihr Produkt geltenden Richtlinie ist auch vorgegeben, inwiefern Sie eine Benannte Stelle (Prüflabor o. Ä.) in das Konformitätsbewertungsverfahren Ihres Produkts einbeziehen müssen. Dieses Vorgehen ist für einige Produkte verpflichtend.

Einen einführenden Beitrag zur Konformitäts-Thematik bietet der Artikel Konformitätserklärung für Anfänger: In 10 Schritten zur erfolgreichen CE-Kennzeichnung.
Alle relevanten Fakten zur Konformitätserklärung finden Sie hier.

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