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Maschinenrichtlinie

Muting: Absichern von Sicherheitsfunktionen

Zum Absichern gefährlicher Maschinen stehen dem Konstrukteur vielerlei Möglichkeiten zur Verfügung. Diverse Formen von Einkapselungen und Schutzeinrichtungen verhindern, dass der Bediener einer Maschine von sich bewegenden Maschinenteilen erfasst, gequetscht, geschnitten wird oder auf andere Weise zu Schaden kommt. Ist ein direkter Zugang zur Maschine hin und wieder oder regelmäßig notwendig, müssen statt Einkapselungen, Schutztüren oder Schutzgittern andere Lösungen her. Dabei bieten sogenannte Muting- und Blanking-Funktionen oft große Vorteile.

Wenn eine Maschine nicht eingekapselt werden kann, gleichzeitig aber der Zugang oder Zugriff eines Menschen zu einem gefährlichen Arbeitsbereich verhindert werden soll, kommen oft berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen zum Einsatz. Das sind Systeme, die über Sensoren erkennen, wenn eine Hand, ein Arm oder Fuß etc. eines Mitarbeiters in einen gefährlichen Bereich gerät, und dann die Maschine bzw. die gefährliche Bewegung der Maschine zum Stoppen bringen.

Berührungslos wirkende (optoelektronische) Schutzeinrichtungen

Viele dieser Systeme arbeiten mit optischen Sensoren, die in Bewegungsmeldersysteme, Laserscanner, Lichtschranken. Lichtgitter oder Lichtvorhänge eingebaut sind. Die Sicherheitsfunktion arbeitet im Allgemeinen sehr zuverlässig. Wird z.B. ein Lichtstrahl eines Lichtvorhangs unterbrochen, weil ein Mitarbeiter mit einem Körperteil zu nahe an einen sicherheitskritischen Bereich geraten ist, gelangt das Signal in die Steuereinheit, löst die Überwachungsfunktion aus, die die Maschinenbewegung so schnell wie möglich anhält. Im Maschinensicherheits-Jargon fallen derartige Lösungen unter die nicht-trennenden Schutzeinrichtungen.

Prinzip Lichtschranke: Unterbrechen eines Lichtstrahls löst einen Abschaltbefehl aus

Muting: Unterbrechen eines Lichtstrahls löst einen Abschaltbefehl aus
Bildquelle: http://www.pilz.com, mit freundlicher Genehmigung

Relevant für berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen (BWS) ist die EN 61496 mit den Teilen 1 bis 4. Sie nennt die Anforderungen an die Konstruktion und die Prüfung von BWS. Für den Konstrukteur wie Anwender ebenso wichtig ist die Zuordnung des Typs einer BWS zu ihrem Sicherheits-Integritäts-Level (SIL) bzw. Performance Level (PL).

Muting und Blanking von Lichtvorhängen

Eine aktive optoelektronische Schutzeinrichtung, auch AOPD (Active Opto-electronic Protection Device) genannt, basiert auf dem ständigen Senden und Empfangen von Signalen. Wird durch einen nicht durchsichtigen Gegenstand das Lichtsignal unterbrochen, springt die Sicherheitsfunktion an und stoppt den Arbeitsvorgang. Je nach Maschine, Zugänglichkeit und Gefahrenradius kann über Lichtsensoren eine Linie, eine Fläche oder ein Raumvolumen als Schutzbereich definiert werden.

Der Maschinenstopp ist gewollt, wenn es sich bei der Störung um eine unerwünschte Bewegung eines Menschen handelt. Oft müssen jedoch an der gleichen Materialien zugeführt werden, Werkstücke zur Bearbeitung in das Schutzfeld eindringen oder Produkte entnommen werden. Damit die Maschine in diesen Fällen nicht stoppt, was eine Produktion unmöglich machen würde, werden Muting- und Blanking-Lösungen eingesetzt.

Muting

Muting (engl. Stummschaltung, Dämpfung, Stillschweigen) bezeichnet das Überbrücken einer Schutzeinrichtung. Typischerweise handelt es sich um berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen wie Lichtvorhänge oder Lichtschranken. Diese Überbrückung ist zielgerichtet und gewollt und fällt daher nicht unter das verbotene Manipulieren von Schutzeinrichtungen. Die Parameter für solche Muting-Funktionen müssen sorgfältig gewählt werden, z.B. die Sicherheitsabstände und die Art der Steuerung. Wichtig ist auch, dass unmittelbar nach dem Muting sämtliche kurzzeitig überbrückten Schutzfunktionen wieder hergestellt werden. Auch ist zu prüfen, ob und auf welche Weise ein Muting angezeigt und der Überbrückungszustand einer Schutzeinrichtung dem Maschinenbediener optisch oder akustisch signalisiert werden muss.

Blanking

Blanking (engl. Unterdrückung, Abdunklung, Austastung) nennt man ein Verfahren, bei dem einzelne Lichtstrahlen oder Lichtbereiche, z.B. eines Lichtvorhangs, gezielt ausgeblendet werden. Ein genau definierter Bereich eines durch z.B. einen Lichtvorhang oder ein Lichtgitter definierten Schutzfeldes wird damit überbrückt. Blanking könnte man damit als ein gezieltes und auf einen genau festgelegten Bereich beschränktes Muting bezeichnen. Blanking-Lösungen erlauben das sichere Zuführen oder Entnehmen von Materialien, Werkstücken, Produkten usw. auch bei ansonsten intakter und funktionierender Schutzeinrichtung. Dieses Ausblenden kann statisch oder flexibel erfolgen. Letzteres wird in der Fachliteratur auch als „Floating Blanking“ bezeichnet, auf Deutsch bisweilen mit „Bewegliche Ausblendung“ umschrieben.

Sicherheitstechnisch entscheidend ist, dass Muting- und Blanking-Funktionen das Sicherheitsniveau niemals absenken dürfen. Auch müssen sie so umgesetzt werden, dass sie keinen Anlass oder Anreiz bieten, die Schutzeinrichtung zu umgehen oder zu manipulieren. Daher ist hier auch die Zuverlässigkeit gefragt. Bei einer zu hohen Quote von Fehlabschaltungen oder nicht korrekt funktionierenden Muting- oder Blanking-Funktionen steigt die Gefahr, dass ein Mitarbeiter genervt die Sicherheitsfunktion abschaltet oder auszutricksen versucht. Damit wird der gesamte Sicherheitsaufwand ad absurdum geführt und Arbeitsunfälle sind vorprogrammiert.

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